Stimmung erzeugen


Das Thema des Karneval der Rollenspielblogs im Juli war "Stimmung" und auch ich möchte meinen Senf dazu geben.

Ich denke das die richtige Stimmung essentiel für ein immersives Spiel ist. Denn wer kann sich in die Situation des Charakters richtig reinversetzen, wenn die Stimmung am Spieltisch genau umgekehrt ist zu der in der Szene? Leider gibt es für die richtige Atmosphäre keine Musterlösung, im Folgenden möchte ich meine Gedanken und Erfahrungen, wie man Stimmung am besten erzeugt, nach Sinnen sortiert schildern. Vielleicht helfen sie ja dem ein oder anderen =)

Auditive Wahrnehmung

Das erste was mir dazu in den Sinn kommt, wären Beschreibungstexte. Ich finde das eine atmosphärische Beschreibung einer wichtigen Szene oder eines neuen Ortes viel zur Stimmung am Spieltisch betragen kann. Im richtigen Maß eingesetzt sind sie super, wenn man es übertreibt, kann jedoch sehr leicht Langeweile aufkommen.
Am meisten bewundere ich die Spielleiter, die diese improvisieren können. Ich persönlich muss sie mir als Vorlesetext vorschreiben, da ich mich sonst sehr leicht verspreche und auch das kann wie ich finde die Stimmung kaputt machen - spätestens wenn im Horrorszenario alle Spieler anfangen zu lachen.

Das Ändern der Stimmlage und das Immitieren von Dialekten und Akzenten erzeugen auch Flair. Besonders Eigenheiten beim Sprechen der NSCs, wie zum Beispiel lispeln oder stottern, oder oft genutzte Wörter können dann sogar helfen, diese wenn sie sich unterhalten zu unterscheiden.

Hintergrundgeräusche - gewollte und ungewollte - fallen mir als nächstes ein. Ein Beispiel für beabsichtigte Hintergrundgeräusche wären das Einspielen von Vogelgezwitscher, einer jubelnden Menge, das Trappeln von Hufen und vieles der Gleichen. Ich arbeite gern mit Datenbanken wie myNoise und ich würde behaupten, das sie auch viel zur Stimmung beigetragen haben.
Ungeplante Hintergrundgeräusche können sowohl zu als auch abträglich für die Stimmung sein. Verkehrslärm, schreinde Kinder oder der Nachbar der seine Hecke schneidet, sind allesamt Störungen, die die Stimmung ruinieren.
Andererseits kann man auch Glück haben und sozusagen Unterstützung von Außerhalb bekommen ;)
Ich hatte es schon mehrfach, dass das Wetter mitspielte und zum Beispiel sowohl in- als auch outgame ein Unwetter tobte oder der Regen prasselte.

Mein letzter, den Hörsinn betreffender, Gedanke dreht sich um Hintergrundmusik. Manche wollen nicht ohne, andere mögen sie gar nicht und lassen sie weg. Richtig eingesetzt transportiert sie Stimmung - kann diese aber auch schnell zerstören. Bis auf drei Situation, trug das Abspielen dieser, laut meiner Erfahrung, immer zur Immersion bei. 
Situation 1: Mitten in meiner zusammengestellten YouTube-Playliste wurde vor einem Video Werbung abgespielt - alle lachten und seit dem Lade ich sie vor. Runterladen wäre auch eine Option.
Situation 2: Einer der Titel die ich ausgewählt habe, war aus einem Spiel, was an sich kein Problem darstellt, nur würde ein Spieler an die nervigen NPCs des Spiels erinnert, die er mit der Musik verbindet und war komplett raus aus der Szene.
Situation 3: Mein Spielleiter musste festellen, dass die Titel auf autoplay nicht mehr zur Szene passten. Wenn ich mich richtig erinnere, war sie plötzlich getragen und nicht mehr so fröhlich und ausgelassen.

Visuelle Wahrnehmung

Ich erinnere mich noch wie ich völlig euphorisch für mein erstes selbstgeschriebenes Abenteuer Bilder mit Photoshop erstellt habe. Wie gut diese die Stimmung damals beeinflusst haben, kann ich nicht mehr sagen, jedoch können Bilder den Spielern helfen, die Probleme haben sich manche Beschreibungen vorzustellen. Andererseits können sie auch die Stimmung ruinieren. Meine Spielleiterin zeigte mir mal ein Bild aus einem DSA-Abenteuer, dass eine Elfe darstellen sollte von nahezu gottgleicher Schönheit - ihre Darstellung sah jedoch leider nach bekannten Standards alles andere als schön aus. Auch wenn es böse klingt, würde es eher für Lacher bei den Spielern sorgen.

Karten können auch helfen, das Verständnis zu verbessern. Zum Beispiel wie weit Orte entfernt ist oder wie lange die Gruppe marschiert ist und dementsprechend erschöpft. Auch kann eine in Stücken vorliegende Karte beziehungsweise Dungeon Tiles mehrmaliges Nachfragen ersparen oder Missverständnisse vorbeugen, was wiederrum der Stimmung zuträglich ist.

Licht, zum Beispiel wenn man es dimmt, kann die Immersion beinflussen. Ein Horrorszenario unter hellem Sonnenlicht zu spielen erzeugt weniger Stimmung als bei flackerndem Kerzenschein zu spielen. Ist es zu dunkel, leidet jedoch auch die Stimmung, wenn man Probleme hat die Würfelergebnisse zu sehen oder Spieler sich nur mit Mühe wachhalten können.

Gustatorische Wahrnehmung

Ich koche gern für meine Rollenspielrunden. Je nach Region gibt es passende Gerichte und da bestimmte Geschmäcker bestimmte Assoziationen hervorrufen, trägt dies auch zur Immersion bei.

Olfaktorische Wahrnehmung

Der Geruchsinn wird meiner Meinung nach am seltesten beim Rollenspiel genutzt um Stimmung zu erzeugen. Das oben genannte Essen spricht ihn zwar auch an und so lässt zum Beispiel schon der Geruch eines Eintopfs eine Taverne erlebbarer machen, jedoch passiert dies nebenbei.
Aktiv habe ich Geruch noch nicht eingesetzt, plane es jedoch für die nächste Spielsitzung. Ich hatte vor einer Weile von Adventure Scents erfahren und mir vor Kurzem ein paar scentFX Jars dort bestellt. Wie diese die Stimmung meiner Gruppen beeinflussen, wird sich zeigen, dann gibt es auch eine Review von mir dazu. =)

Fazit

Egal wie viele Sinne man anspricht, jeder weiß bei was für ihn die meiste Stimmung aufkommt oder mit was er die meiste Stimmung bei seinen Spielern erzeugt. Ich persönlich versuche so viele Sinne wie möglich anzusprechen, da ich immer versuche die perfekte Immersion zu erzeugen. Jedoch steht und fällt die Stimmung mit den Spielern, somit kann auch der fröhlichste Tavernenabend nicht die richtige Stimmung bekommen, wenn die Spieler oder der Spielleiter einen schlechten Tag haben - trotz passender Musik etc.

Kommentare

  1. Spannender Beitrag! In diesem Stimmungs-Karneval gab es ja die unterschiedlichsten Meinungen darum, welche Hilfsmittel der Stimmung zuträglich sein könnten und welche eher stimmungstötend wirken.
    Da ich bisher eher zu der "Stimmung entsteht im Kopf und braucht sonst nicht viel"-Fraktion gehöre, fand ich besonders die Praxistips zu MyNoise und vor allem den Adventure Scents interessant. Von Geräuschdatenbanken hatte ich schon gehört - von duftenden Stimmungsunterstützern noch nicht!
    Wenn du die testest, würde mich wirklich mal interessieren, wie sie in deiner Gruppe im Spiel angekommen sind.

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  2. Und Haptik?

    Tangente: Hast du zufällig auch Beobachtungen zum Spiel mit Synästheten?

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    1. Ich hatte erst überlegt die haptische Wahrnehmung anzusprechen. Ich hatte es dann verworfen, da ich noch keine Erfahrung mit dem Einsatz solcher Reize hatte. Mir fallen auch keine ein die für mehr Immersion sorgen könnten, weißt du da zufällig mehr?

      Leider nein, zumindest wüsste ich nicht, dass einer meiner Spieler Synästhet wäre. Obwohl es durchaus interessant wäre mit Synästheten zu spielen, da ich Namen für wichtige NPCs oft nach "Temperatur" aussuche, die zu diesen passt und ich gerne wissen würde, ob andere die gleiche Assoziation hätten. Beeinflusst sie die "Temperatur" eines Namens? Und in welcher Weise? Und welche weiteren Synästhesien würden demzufolge die Immersion für sie stärken? Ein äußerst spannendes Thema wie ich finde, danke für die Anregung =)

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    2. Oh, das ist tatsächlich eine sehr spannende Frage mit der Synästhesie.

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